Gemeinsinn

Wir brauchen eine neue Volkwirtschaftslehre als theoretische und zugleich praktische Wissenschaft

Menschliches Wollen hat im Laufe der Zeit gesellschaftliche Einrichtungen etabliert. Man hat sich in diese so eingelebt, dass man meint, aus ihnen heraus sich Ansichten über das bilden zu sollen, was zu verändern sei. Das Denken erkennt sich in den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht mehr als das Bedingende wieder. Man richtet sich in Gedanken nach geschaffenen Tatsachen, die doch der Gedanke beherrschen soll. Mit der herkömmlichen Geldwirtschaft und dem Eigentumsbegriff nach römischem Recht sind drei wirtschaftliche Auswüchse aufgekommen, die das gesamte soziale Leben tyrannisieren, ja zunehmend dabei sind, es zu zerstören, nämlich Konjunktur, Arbeitsmarkt und Kapitalrendite. Die heutige, bloss geldkapitalistische Betrachtungsweise kann diese drei fatalen wirtschaftlichen Begleiterscheinungen nicht überwinden. Ein den Tatsachen sowie den Zeiterfordernissen gewachsenes Urteil gewinnt man, wenn man zu den drei fundamentalen, die arbeitsteilige Wirtschaft ausmachenden Grundprozessen zurückgeht:

  1. die Wertbildung (was ist ein wirtschaftlicher Wert und was ist neu in seinem Verhältnis zum Geld; die Findung des Masses, das auf den Menschen statt auf den blossen Geldpreis zurückgeht)
  2. die Kapitalbildung (was bedeutet Kapital, stofflich-materiell und geldlich-nominell)
  3. die Preisbildung (während Bedürfnis und Arbeitsergebnis sich in der Selbstversorgung noch decken, ist dies mit beginnender Arbeitsleistung nicht mehr der Fall, und es entsteht für jeden Hervorbringer eines Arbeitsergebnisses, der ja zugleich Bedürfnisträger ist, die Frage nach der gegenseitigen Bemessung des Arbeitsergebnisses. Das heisst, wieweit ist er in der Lage, aus dem Preis seines Arbeitsergebnisses seine Bedürfnisse aus den Arbeitsergebnissen anderer zu befriedigen.)

Die Wertbildung im wirtschaftlichen Sinn nimmt ihren Ausgangspunkt bei der Arbeit, die einerseits angewandt auf die Natur, zum Naturgewinnungswert, anderseits, organisiert durch Intelligenz, zum Organisationswert führt. Dieser letztere - wie viel auch immer er hervorbringt - bemisst sich in erspartem Naturgewinnungswert, und somit bleibt das Wert-Total der Arbeitsergebnisse gleich, nämlich das Ergebnis „rein“ körperlicher Arbeit, die von einer bestimmten Bevölkerungszahl auf einer von ihr existentiell benötigten Bodenfläche geleistet wird. Beide Pole der Wertbildung stehen in einem einander bedingenden inversen Verhältnis: ohne Organisationswert gäbe es keine Entwicklung, aber ohne Naturgewinnungswert (Arbeit an der Natur) könnte sich der Organisationswert nicht verwirklichen.

Emanzipation und Freistellung von Menschen von der Arbeit unmittelbar an der Naturgrundlage mittels Organisation der Arbeit, gleich Arbeitsersparnis, ist Kapitalbildung. Das Kapital, nämlich das Äquivalent jener Arbeitsersparnis (Organisationswert), ist Existenzgrundlage aller freigestellten Menschen; es ist Finanzierung relativer Freistellung (Bevorschussung für weitere materielle Produktion/Industrie) oder Finanzierung gänzlicher Freistellung („Beschenkung“ für geistige Tätigkeit bzw. aller „reinen“ Verbraucher ).

Obigem Wert-Total, gleich dem „reinen“ Naturgewinnungswert, als „stofflich-materiellem“ Wert lässt sich eine Zahl als Sozialquotient gleichsetzen, ein „nomineller“ Wert: das Geld – die Geldmenge pro Kopf. Durch den Parallelismus von Sach- und Zeichenwert kann mit Hilfe des Geldes, quantitativ gebunden an eine bestimmte Bevölkerungszahl, die Erinnerung an die ursprüngliche Wertschöpfung als Richtgrösse beziehungsweise Mass gewahrt bleiben. Das Geld wird zur Buchhaltung der Arbeitsergebnisse.

An der Sozialquote orientieren sich die Einkommen. Einkommen und Erlöse für die Arbeitsergebnisse können nunmehr getrennt erfasst und Einrichtungen (Assoziation) getroffen werden, um auf höherer Ebene über quotenorientierte, aber dennoch freie Marktpreise – wieder – in der Koinzidenz von individuellen Bedürfnissen beziehungsweise Einkommen und Erlösen für Arbeitsergebnisse zu enden.

Eine Gleichmacherei ist nicht gegeben. Produktionsmittel besitzen keinen Warencharakter mehr, und das Eigentum daran wird auf die Zeit des befähigten Umganges begrenzt.